Präzise Kalkulation von Herstellkosten in der Galvanotechnik

Michael Faraday kommentierte seine Forschungen im Bereich der Elektrolyse recht lakonisch: „Ich weiß nicht, für was das einmal gut sein soll. Aber ich weiß, dass sie einmal Steuern darauf nehmen werden.“ Heute sind es nicht allein die Steuern, die galvanotechnische Unternehmen drücken. Kosten, insbesondere Energie-, Metall-, Anlagen-, Umwelt- und Personalkosten nehmen auf die Preisbildung Einfluss und prägen das unternehmerische Handeln. Der nachfolgende Fachbeitrag stellt anhand konkreter Praxisbeispiele vor, welche Parameter bei der Kostenkalkulation in der Galvanotechnik berücksichtigt werden können.
Fachartikel Galvanotechnik 05/2013

Screenshot ERP Software Omnitec zur Kostenkalkulation in der Galvanotechnik

Oberstes Prinzip Wirtschaftlichkeit

Eine wirtschaftliche Angebotsstellung erfordert, dass Kosten nicht nur grob geschätzt werden, sondern so präzise wie möglich in die Preiskalkulation einfließen. Im Tagesgeschäft von Galvanikern bleibt hierfür meist wenig Zeit. Wenn nur ein Bruchteil der vielen Anfragen später zu einem Auftrag wird, ist es wichtig, den Kalkulationsaufwand gering zu halten.

Klassische ERP-Softwarelösungen ohne Branchenausrichtung sind für die Kalkulation von Herstellkosten in der Galvanik oftmals nicht ausreichend ausgelegt, da sie die speziellen galvanotechnischen Abläufe nicht berücksichtigen. Viele Unternehmen arbeiten in der Angebotskalkulation deshalb weiterhin mit Tools wie Excel und stoßen damit nicht nur zeitlich an ihre Grenzen. Sie führen auch ein Parallelsystem, so dass Angebotsartikel nicht im ERP vorhanden sind und bei Annahme des Angebots erst angelegt werden müssen. Zudem sind kostenrelevante Parameter wie Teilegeometrie, Strom, Rüstkosten etc. nur mit großem Aufwand in die Berechnung integrierbar und werden von daher eher vernachlässigt.

Dieses Vorgehen birgt Risiken in sich. Ist die Kalkulation wirklich kostendeckend? Ist sie für den Kunden nachvollziehbar? Und bekommt der Kunde, wenn er den Artikel in einem halben Jahr noch einmal anfragt, auch wieder einen vergleichbaren Preis?

Galvaniksoftware unterstützt Kalkulation

Speziell auf die Galvanotechnik ausgerichtete Branchenlösungen sind fertigungsnah aufgestellt, bilden branchenspezifische Prozesse adäquat ab und arbeiten mit den Kennzahlen, die für galvanotechnische Unternehmen relevant sind. Ein Beispiel hierfür ist die ERP-Lösung OMNITEC der Karlsruher Softec AG, die derzeit bei 150 Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Einsatz ist. Als integrierte Gesamtlösung deckt die Software die komplette Betriebsführung ab, von der Angebotsstellung über die Auftragsplanung und Fertigungsvorbereitung bis zur Betriebsdatenerfassung, Auslieferung, Rechnungsstellung und Nachkalkulation.

Ein einfacher aber praktikabler Ansatz für die Kalkulation von Herstellkosten ergibt sich aus der Hinterlegung der Kosten pro Trommel oder Warenträger im System. In Verbindung mit der Füllmenge oder der Behängungsvorgabe werden so Herstellkosten pro Stück oder Kilo automatisch ermittelt.

Doch die Kalkulation kann noch viel weiter gehen. Im Rahmen einer umfassenden Beratung definiert Softec gemeinsam mit dem Kunden individuelle Kalkulationsregeln. So können beispielsweise Anlagen- und Fertigungsstellenkennzahlen in die Berechnung einfließen.

Hierzu zählen die maximale Fläche je Trommel oder Gestell in dm2, das max. Trommelgewicht in kg und das maximale Volumen je Trommel in dm3. Auch Beschichtungskennzahlen können im System hinterlegt werden: Informationen zum abgeschiedenen Metall wie dessen spezifisches Gewicht, Molmasse und Ladungszahl ebenso wie der Wirkungsgrad eines Bades und die Leistung des Gleichrichters. Diese Daten werden einmalig angelegt und bei verschiedenen Artikeln immer wieder neu verwendet.

Für die Kalkulation von Herstellkosten dringend erforderlich sind verlässliche Artikelkennzahlen, insbesondere Stückgewicht, Fläche und Volumen des Werkstücks. Diese liegen nicht immer direkt vor. Viele Galvaniker greifen noch zur Formelsammlung, um Flächen und Volumen einer Ware zu berechnen. Dies kostet jedoch Zeit – Zeit, die im Arbeitsalltag extrem knapp und von daher teuer ist.

Um diese Mehrarbeit zu vermeiden, gibt es zu OMNITEC ein eigenes Flächenberechnungstool, über das der Anwender komfortabel Oberfläche, Volumen und Gewicht des Werkstücks sowie – unter Eingabe der gewünschten Schichtdicke – Volumen und Gewicht der Beschichtung ermitteln kann. Neben zahlreichen Standardformen enthält der Flächenrechner auch alle gängigen Schichtmetalle mit ihrem spezifischen Gewicht.

Realistische Herstellkosten

Schließlich kommt noch Michael Faraday ins Spiel. Nachdem Oberfläche und Schichtdicke feststehen, berechnet OMNITEC auf Wunsch die abzuscheidende Metallmenge in Gramm pro Trommel und die notwendige Ladungsmenge in A/h bzw. A/min. Dabei gleicht die Software simultan anlagentechnische Rahmenbedingungen mit den vorliegenden Artikeldaten ab. Liegt beispielsweise das Gewicht oder das Volumen über den maximalen Kapazitäten der Trommel, wird die Fläche und damit das Gewicht automatisch heruntergerechnet, so dass alle einschränkenden Bedingungen der Trommel erfüllt sind.

Basierend auf den Faradayschen Gesetzen ermöglichen es die im ERP-System hinterlegten Rechenalgorithmen, aus der Ladungsmenge und der Gleichrichterleistung Strom und Expositionszeit zu berechnen und, wenn gewünscht, diese in die Kostenkalkulation miteinzubeziehen. Auch Kosten für vor- und nachgelagerte Prozesse wie z. B. für Entfetten oder Beizen, Rüstkosten sowie Kosten für zusätzlichen Personalaufwand werden selbstverständlich in der Kalkulation berücksichtigt. So ergeben sich realistische Herstellkosten, die als Grundlage für die Preisbildung dienen. Indem alle Kosteninformationen einheitlich in einem System hinterlegt sind, wird sichergestellt, dass bei einer zweiten Anfrage, die vielleicht ein anderer Mitarbeiter bearbeitet, vergleichbare Herstellkosten berechnet werden.

Spezifische Anpassungen für die Edelmetallgalvanik

Für die Edelmetallgalvanik bietet OMNITEC zusätzlich die Möglichkeit, aus der Oberfläche eines Werkstücks, dessen Schichtstärke und dem spezifischen Gewicht des Metalls die Abscheidung pro Preiseinheit zu ermitteln und das zu verrechnende Edelmetall entsprechend auszuweisen.

Denn während Bearbeitungskosten in der Regel über einen längeren Zeitraum stabil bleiben, sind Edelmetalle starken Schwankungen unterworfen. Für eine realistische Angebotsstellung ist es hilfreich, dass Rohstoffpreise variabel angepasst werden können. OMNITEC hat diese Fragestellung über eine integrierte Edelmetallverwaltung gelöst. Sie bietet Anwendern die Möglichkeit, in einem Preisbaum aktuelle Rohstoffpreise zu hinterlegen, diese im Angebot separat auszuweisen und später zu Tageskursen im Auftrag abzurechnen.

Mindestauftragswerte und Staffelpreise

Erfolgreiches Wirtschaften erfordert, dass neben realistischen Herstellkosten und Rohstoffpreisen weitere betriebswirtschaftliche Kriterien wie z. B Zuschläge oder Staffelpreise in die Kalkulation mit einbezogen werden. Hierfür steht im ERP-System ein flexibles Preissystem zur Verfügung, in dem Pauschal- und Staffelpreise, Mindestauftragswerte, Zuschläge oder auch kundenspezifische Rabatte in die Grundpreisliste für jeden Kunden aufgenommen werden können

Fazit

Mit OMNITEC kann ein Galvanikunternehmen alle Aspekte der Angebotskalkulation von der technischen Machbarkeit über das Faradaysche Gesetz bis zur kaufmännischen Preisbildung in einem System zusammenführen. Dem großen Experimentalwissenschaftler und Vater der Elektrolyse Michael Faraday ging es zeit seines Lebens nur um die Erkenntnis. Aus diesem Grund weigerte er sich strikt, sich seine Erfindungen patentieren zu lassen. Das Zitat am Anfang des Beitrags zeigt jedoch, dass er sich durchaus der Gesetze bewusst war, denen wirtschaftliches Handeln stets unterliegt – sei es in einer Nationalökonomie oder in einem Unternehmen.

In Zeiten hohen Wettbewerbsdrucks in der Galvanotechnik und enger Vorgaben durch die Auftraggeber ist es heute mehr denn je erforderlich, seine maßgeblichen Kostenfaktoren zu kennen und transparent in die Preisbildung einfließen zu lassen.

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