Kein Platz für Kompromisse: Digitalisierter Auftragsdurchlauf in der Oberflächentechnik

An Industrie 4.0 kommt heute keine Branche vorbei, das gilt auch für die Oberflächentechnik. Für die Branche entstehen mit der Digitalisierung viele Optimierungspotenziale, die den gesamten Fertigungsprozess effizienter gestalten. Eine Besonderheit der heutigen Möglichkeiten ist vor allem, wie einzelne Teile und Prozesse kombiniert werden können. Dabei ist wichtig, dass diese nicht unbedingt neu sein müssen ‒das Zusammenspiel bietet den Mehrwert. Dadurch wird es möglich einen komplett digitalisierten Auftragsdurchlauf zu realisieren, der bedeutende Vorteile mitbringt: Die Produktivität wird gesteigert, Ressourcen effizienter genutzt und Termine können besser eingehalten werden.

Doch zuerst zum Rahmen der neuen Entwicklungen ‒die sogenannte Industrie 4.0. Damit es eine vierte industrielle Revolution geben kann, muss es bereits drei industrielle Revolutionen gegeben haben. Den Anfang machte die Mechanisierung mit mechanischen Webstühlen, darauf folgte die Massenproduktion an Fließbändern und schlussendlich die Automatisierung in den Siebziger- und Achtzigerjahren bei der Anlagen mit Steuerung und die Einbindung von Computern im Mittelpunkt standen. Heute befinden wir uns mitten in der vierten industriellen Revolution, deren zentrales Thema die Vernetzung ist ‒in der Oberflächentechnik geht es vor allem auch um die Intelligente Fabrik.

Dabei spielt immer wieder die Digitale Transformation eine Rolle. Diese lässt sich am besten anhand eines Beispiels erläutern. In den Neunzigerjahren erreichten Computer den Alltag der Menschen und seitdem überschlagen sich die Entwicklungen. Von 2000 bis etwa 2015 begannen mobile Geräte in den Alltag einzufließen. Zuerst einfache Mobiltelefone und mit dem iPhone als Vorreiter eroberten die Smartphones die Gesellschaft. Seit einigen Jahren wird auch von integrierten mobilen Geräten gesprochen: Das Internet der Dinge vernetzt Geräte im Haushalt, Daten werden nicht mehr lokal sondern in Clouds gespeichert. Die Gesellschaft wird immer stärker vernetzt. Die Veränderung von Gesellschaft und Unternehmen durch Technologie nimmt exponentiell zu und bleibt dauerhaft. Dieses Phänomen ist gemeint, wenn von Digitaler Transformation die Rede ist. Das äußert sich zum Beispiel auch in den Geschäftsmodellen der jeweiligen Zeit. In den Neunzigern war der größte Kostenpunkt die Anschaffung von Hardware. Daraufhin gab es einen Wandel hin zur Software als wichtigsten Punkt. Heute werden die Entwicklungen immer schnelllebiger, Programme werden ständig aktualisiert und es sind immer die neuesten Versionen notwendig. Deshalb gibt es einen Trend hin zum Verkauf von Dienstleistungen, nicht Programmen. Eine Möglichkeit dafür ist ein pay per use-Modell. Dabei zahlen Kunden für jede Nutzung eines Programms, aber nicht für das Programm selbst.

Mit Industrie 4.0 und Digitaler Transformation sind die Weichen gestellt. Dennoch stellt sich die Frage, wie Unternehmen, insbesondere in der Oberflächentechnik, in der Praxis mit den Entwicklungen umgehen und davon profitieren können. An welchen Stellen im Fertigungsprozess Digitalisierung zum Einsatz kommen könnte, zeigt die folgende Infografik. Darauf wird der Ablauf in einer Lohnveredelung schematisch dargestellt.

Durch Digitalisierung werden vor allem drei Bereiche verbessert: Kommunikation, automatisierte Prozesse und die Vereinfachung von Prozessen für Mitarbeiter. Die Farbpunkte auf der Grafik markieren Stellen, an denen die jeweiligen Bereiche digitalisiert werden können. Dabei wird bereits deutlich, dass die Digitalisierung im gesamten Ablauf eingesetzt werden kann. Die drei Bereiche werden im Folgenden näher betrachtet:

1) Kommunikation

2) Automatisierte Prozesse  

3) Vereinfachung von Prozessen

Insgesamt resultiert aus einer Vielzahl von Verbesserungen an einzelnen Stellen im Fertigungsprozess ein gesamt digitalisierter Auftragsdurchlauf. Dieser bietet für Unternehmen zahlreiche Vorteile; insgesamt steigt die Effizienz und die Produktivität wird erhöht. Damit können Lohnveredler auch den stetig wachsenden Anforderungen von Kunden gerecht werden, die immer schnellere Lieferzeiten fordern.

Bleibt also noch die Frage, wann Industrie 4.0 in dieser Form Realität wird. Viele mittelständische Unternehmen erkennen die Chance, warten aber ab und handeln eher defensiv als visionär. Unternehmen müssen in Zukunft diverse Herausforderungen meistern: Kundennutzen steigern, effizienter arbeiten, Kosten reduzieren. Gleichzeitig gilt es auch Umweltstandards zu erfüllen. Um allen komplexen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Lösungen automatisiert sein, da Mitarbeiter von diesen zeitaufwändigen Aufgaben befreit werden sollen. Um Industrie 4.0 schneller umzusetzen, kann öffentliche Förderung helfen, sowohl auf europäischer Ebene als auch Unterstützung durch Bund und Länder. Gleichzeitig helfen neue Geschäftsmodelle, wie das angesprochene pay per use. Industrie 4.0 bietet Unternehmen neue Potenziale, wie es auch Dr. Reinhold Festge, Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), beschreibt: „Wenn Mensch zu Maschine oder Maschine zu Maschine kommuniziert, entstehen neue Wertschöpfungspotenziale.“  Lassen Sie uns die neuen Potenziale auch in der Oberflächentechnik nutzen.